Neben mir in der U-Bahn ein junger Mann, vielleicht 15, 16 Jahre. Er sitzt am Fenster, angelehnt, so als ob er schlafen würde, den Kopf nach unten gebeugt, seine rechte Hand als Polster am Fenster, denke ich. So sitzen wir nebeneinander. Vielleicht zwei Stationen. Plötzlich regt sich mein Nachbar, streicht sich mit der linken Hand über sein Gesicht und durch seine wuscheligen Haare, so, als ob er vor einer schwierigen Aufgabe sitzt, atmet tief ein und spricht dann, ganz ruhig, in sein Handy am rechten Ohr, wie ich erst jetzt kapiere, "Mama, jetzt fall doch nicht wieder in dein altes Muster. Mach Dir doch einfach erstmal einen schönen Abend. Vielleicht ist der Typ ja ein wirklich netter Mann." Dabei steht er auf, wir haben die nächste Haltestelle erreicht. Im Aussteigen höre ich ihn noch sagen, "Doch, Mama, das ist wichtig, jetzt. Du gehst da hin...". Dann taucht er in der Menge unter.
Ich tauche auf zum nächsten Bahnsteig, U-Bahn Richtung Universität, finde einen Platz, neben einem etwas älteren jungen Mann, Student, wahrscheinlich. Auch er telefoniert bereits, als ich mich neben ihn setzte, hört aber nickend und mit zustimmendem Brummen dabei zu. Dann fährt auch er sich mit der freien Hand durch seine dicken Locken und sagt bestimmt, "Also, das hört sich für mich jetzt alles so an, dass Du jetzt mal Dein Kommunikationsmuster ändern musst...Ja, doch, denn der Typ scheint ja ein Arschloch zu sein....Nein, nein, dem musst DU jetzt mal klar machen, wer das sagen hat ... naja, Du natürlich!“ ... Leider muss ich schon wieder aussteigen. Naja, was soll ich dazu sagen?! Vernünftige, junge Männer, die Beiden. Beeindruckt bin ich aber von dem Sohn und denke an seine professionellen Worte und Gedanken ... und an seine Mutter.
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AuthorMein Name ist Katja Stermsek Archives
March 2020
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